Datenschutz in der Telemedizin: Praxisleitfaden für Patienten

Datenschutz in der Telemedizin: Praxisleitfaden für Patienten

Datenschutz in der Telemedizin 2025: Ein Leitfaden für Patienten

Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung und Wichtigste Handlungsempfehlungen

Der Datenschutz in der Telemedizin ist entscheidend, da es um Ihre hochsensiblen Gesundheitsdaten geht. Telemedizinische Angebote müssen die strengen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfüllen. Ihre Daten müssen sicher übertragen und gespeichert werden. Vertrauen Sie nur Anbietern, die transparent über ihre Datenschutzmaßnahmen informieren, eine sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nutzen und deren Server in der EU stehen.

Ihre wichtigsten Handlungsempfehlungen:

  • Fragen Sie nach: Erkundigen Sie sich bei Ihrer Praxis, welchen Dienstleister sie nutzt und wie der Datenschutz gewährleistet wird.
  • Prüfen Sie die Technik: Nutzen Sie sichere Passwörter und aktivieren Sie, wenn möglich, die Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA).
  • Geben Sie bewusst Einwilligungen: Lesen Sie Datenschutzerklärungen und willigen Sie nur ein, wenn Sie alles verstanden haben.
  • Kennen Sie Ihre Rechte: Sie haben das Recht auf Auskunft, Berichtigung und Löschung Ihrer Daten.

Warum Datenschutz in der Telemedizin zählt

Telemedizin bietet enorme Vorteile, besonders für Menschen in ländlichen Gebieten oder mit eingeschränkter Mobilität. Ob Videosprechstunde, digitale Rezepte oder das Teilen von Befunden per App – die ärztliche Versorgung wird flexibler. Doch bei all diesen Vorteilen steht eine Frage im Mittelpunkt: Was passiert mit meinen Daten?

Gesundheitsdaten gehören zu den sensibelsten Informationen, die es über eine Person gibt. Sie geben Auskunft über Krankheiten, Therapien und den allgemeinen Gesundheitszustand. Ein unzureichender Datenschutz in der Telemedizin kann gravierende Folgen haben, von Diskriminierung bei Versicherungen bis hin zum Identitätsdiebstahl. Daher ist ein hohes Schutzniveau nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern die Grundlage für das Vertrauen zwischen Arzt und Patient.

Rechtslage kompakt: Gesundheitsdaten und Art. 9 DSGVO

Das Herzstück des Datenschutzes für Gesundheitsdaten ist Artikel 9 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Dieser Artikel stuft Gesundheitsdaten als „besondere Kategorien personenbezogener Daten“ ein. Was bedeutet das?

Grundsätzlich ist die Verarbeitung solcher Daten verboten. Dieses Verbot kann nur durch wenige, klar definierte Ausnahmen aufgehoben werden. Für den Bereich der Telemedizin sind vor allem folgende Ausnahmen relevant:

  • Ihre ausdrückliche Einwilligung in die Verarbeitung Ihrer Daten für einen bestimmten Zweck.
  • Die Verarbeitung ist für die Gesundheitsvorsorge, für die medizinische Diagnostik oder die Versorgung und Behandlung im Gesundheitsbereich erforderlich.
  • Die Verarbeitung ist zum Schutz lebenswichtiger Interessen notwendig (z.B. bei einem Notfall, wenn Sie nicht einwilligungsfähig sind).

Jeder Anbieter von telemedizinischen Diensten muss sich auf eine dieser Rechtsgrundlagen stützen können, um Ihre Daten rechtmäßig zu verarbeiten.

Rechtsgrundlagen im Praxisalltag: Einwilligung, Vertragliche Grundlage, lebenswichtige Interessen

Im Alltag bedeutet dies, dass Ihre Arztpraxis oder der Telemedizin-Anbieter eine klare rechtliche Basis für die Datenverarbeitung benötigt. Meistens ist dies der Behandlungsvertrag zwischen Ihnen und dem Arzt. Durch diesen Vertrag ist die Verarbeitung Ihrer Gesundheitsdaten zur medizinischen Behandlung legitimiert. Für darüber hinausgehende Zwecke, wie die Nutzung einer bestimmten App oder die Weitergabe von Daten an Dritte, ist oft eine separate, informierte Einwilligung von Ihnen erforderlich.

Datenströme verstehen: Welche Daten werden erhoben und warum?

Bei einer telemedizinischen Behandlung fallen verschiedene Daten an:

  • Stammdaten: Name, Adresse, Geburtsdatum, Krankenversicherung.
  • Gesundheitsdaten: Anamnese, Diagnosen, Medikationspläne, Laborwerte, hochgeladene Bilder von Befunden oder Symptomen.
  • Kommunikationsdaten: Video- und Audiodaten während der Sprechstunde, Chat-Protokolle.
  • Metadaten: Zeitpunkt und Dauer der Konsultation, IP-Adresse, verwendetes Gerät.

Diese Daten werden benötigt, um eine Diagnose zu stellen, eine Therapie zu empfehlen und die Behandlung korrekt zu dokumentieren und abzurechnen. Ein seriöser Anbieter erhebt nur die Daten, die für diese Zwecke zwingend erforderlich sind (Grundsatz der Datenminimierung).

Praktische Checkliste für Patientinnen und Patienten

Um Ihnen Handlungssicherheit zu geben, haben wir eine Checkliste mit Fragen zusammengestellt, die Sie Ihrem Arzt oder dem Anbieter stellen können.

Was vor der Konsultation zu fragen ist

  • Welche Software oder Plattform wird für die Videosprechstunde verwendet?
  • Wo werden meine Daten gespeichert (Serverstandort)? Liegt dieser in Deutschland oder der EU?
  • Gibt es eine verständliche Datenschutzerklärung, die ich vorab lesen kann?
  • Muss ich ein Benutzerkonto anlegen oder kann ich den Dienst als Gast nutzen?

Was während der Konsultation zu beachten ist

  • Findet das Gespräch in einer privaten, ungestörten Umgebung statt? (Dies gilt für Sie und den Arzt!)
  • Wird das Gespräch aufgezeichnet? Wenn ja, warum und wo wird die Aufzeichnung gespeichert? Sie müssen einer Aufzeichnung ausdrücklich zustimmen.
  • Werden während des Gesprächs weitere Personen anwesend sein?

Was nach der Konsultation zu klären ist

  • Wie und wo werden die während der Konsultation erstellten Notizen oder Daten gespeichert?
  • Wie lange werden die Daten aufbewahrt (Aufbewahrungsfristen)?
  • Wie kann ich meine Rechte (z.B. auf Auskunft oder Löschung) geltend machen?

Anbieterauswahl: Bewertungsmatrix für Praxen und Patienten

Wenn Sie oder Ihre Praxis einen Anbieter für Telemedizin auswählen, helfen folgende Kriterien, die Sicherheit zu bewerten. Ein guter Datenschutz in der Telemedizin zeichnet sich durch Transparenz in diesen Punkten aus.

Kriterium Was bedeutet das? Optimaler Zustand
Zertifikate Gibt es anerkannte Siegel, z.B. von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) oder ISO 27001? Ja, der Anbieter ist zertifiziert und listet dies transparent auf.
Hosting-Standort Wo stehen die Server, auf denen die Daten verarbeitet und gespeichert werden? Ausschließlich in Deutschland oder der Europäischen Union (EU).
Verschlüsselung Wie werden die Daten während der Übertragung und Speicherung geschützt? Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) für die Kommunikation; starke Verschlüsselung der gespeicherten Daten.
Auftragsverarbeitung (AVV) Gibt es einen Vertrag zwischen der Praxis und dem technischen Dienstleister, der den Datenschutz regelt? Ein rechtssicherer Auftragsverarbeitungsvertrag nach Art. 28 DSGVO liegt vor.

Technische Grundlagen leicht erklärt

  • Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE): Stellen Sie sich diese wie einen versiegelten Brief vor. Nur Sie und Ihr Arzt können den Inhalt lesen. Der Postbote (der Anbieter der Software) kann nicht hineinsehen.
  • Hosting in der EU: Wenn Daten in der EU gespeichert werden, unterliegen sie dem strengen Schutz der DSGVO. Bei einer Speicherung in anderen Ländern (z.B. den USA) ist dieser Schutz nicht immer im gleichen Maße gewährleistet.
  • Backup und Logging: Der Anbieter muss Sicherheitskopien (Backups) Ihrer Daten erstellen, um sie vor Verlust zu schützen. Gleichzeitig werden Zugriffe protokolliert (Logging), um nachvollziehen zu können, wer wann auf welche Daten zugegriffen hat.
  • Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA): Eine zusätzliche Sicherheitsebene für Ihr Konto. Neben dem Passwort benötigen Sie einen zweiten Code, z.B. von einer App auf Ihrem Handy. Wo immer möglich, sollten Sie diese Funktion nutzen.

DSFA für Telemedizinangebote: Wann nötig?

Eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA), auf Englisch Data Protection Impact Assessment (DPIA), ist eine Risikoanalyse. Da bei der Telemedizin in großem Umfang hochsensible Gesundheitsdaten verarbeitet werden, ist eine solche DSFA für den Anbieter in der Regel verpflichtend. Sie dient dazu, Risiken für die Rechte und Freiheiten der Patienten zu identifizieren und durch geeignete Maßnahmen zu minimieren. Die Existenz einer DSFA ist ein starkes Indiz für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Datenschutz in der Telemedizin.

Konkrete Einstellungen und Privatsphäre-Kontrollen

Sie können selbst viel zur Sicherheit beitragen:

  • Kamera und Mikrofon: Erteilen Sie Ihrem Browser oder der App nur für die Dauer der Sprechstunde den Zugriff auf Kamera und Mikrofon. Schließen Sie nach dem Gespräch das Browserfenster oder die App vollständig.
  • Browser: Halten Sie Ihren Webbrowser immer auf dem neuesten Stand, um Sicherheitslücken zu schließen.
  • App-Rechte: Prüfen Sie bei der Installation einer Telemedizin-App genau, welche Berechtigungen diese anfordert. Benötigt eine App für Videosprechstunden wirklich Zugriff auf Ihre Kontakte oder Ihren Standort?

Cookie, Tracking und Telemedizin-Portale: Empfohlene Einstellungen

Auch auf Webseiten von Telemedizin-Anbietern kommen Cookies zum Einsatz. Unterscheiden Sie zwischen technisch notwendigen Cookies (z.B. für den Login) und Marketing- oder Tracking-Cookies. Sie haben das Recht, letztere abzulehnen. Nutzen Sie die Cookie-Einstellungen (oft „Cookie-Banner“ oder „Datenschutz-Einstellungen“), um nur die notwendigen Cookies zu akzeptieren und Ihre Privatsphäre zu schützen.

Sicherheitsvorfälle: Patientenrechte und Meldewege

Sollte es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einer Datenpanne kommen (z.B. ein Hackerangriff), hat der Anbieter klare Pflichten. Schwerwiegende Vorfälle müssen innerhalb von 72 Stunden an die zuständige Datenschutz-Aufsichtsbehörde gemeldet werden. Besteht ein hohes Risiko für Sie persönlich, müssen Sie ebenfalls direkt informiert werden.

Ihre Rechte als Patient umfassen:

  • Recht auf Auskunft (Art. 15 DSGVO): Sie können erfahren, welche Daten über Sie gespeichert sind.
  • Recht auf Berichtigung (Art. 16 DSGVO): Sie können falsche Daten korrigieren lassen.
  • Recht auf Löschung (Art. 17 DSGVO): Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie die Löschung Ihrer Daten verlangen.

Bei Beschwerden können Sie sich an den Datenschutzbeauftragten der Praxis oder des Anbieters oder direkt an die für Sie zuständige Landesdatenschutzbehörde wenden.

Barrierefreiheit in der Telemedizin

Ein guter telemedizinischer Dienst muss für alle Menschen zugänglich sein, unabhängig von Alter oder körperlichen Einschränkungen. Achten Sie auf folgende Punkte, die sich an den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) orientieren:

  • Einfache Sprache: Anleitungen und Erklärungen sind klar und verständlich formuliert.
  • Hohe Kontraste: Texte sind auf der Webseite oder in der App gut lesbar.
  • Tastaturbedienbarkeit: Alle wichtigen Funktionen können ohne Maus bedient werden.
  • Untertitel oder Transkripte: Für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen sollten idealerweise Untertitel zur Verfügung stehen.
  • Altersgerechte Kommunikation: Die Benutzeroberfläche ist übersichtlich und nicht mit Funktionen überladen. Schriftgrößen sind anpassbar.

Praxisbeispiele: Drei kurze Fallstudien

  1. Videosprechstunde: Ein Patient führt ein Gespräch mit seinem Hausarzt über einen zertifizierten Anbieter. Die Verbindung ist Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Die Praxis hat mit dem Anbieter einen AVV geschlossen. Der Server steht in Frankfurt. Der Datenschutz in der Telemedizin ist hier vorbildlich umgesetzt.
  2. Chat mit Bildanhang: Eine Patientin schickt ihrer Hautärztin über eine Praxis-App ein Foto eines Hautausschlags. Die Übertragung erfolgt verschlüsselt, und das Bild wird direkt in die digitale Patientenakte der Praxis importiert und nicht auf dem Server des App-Anbieters dauerhaft gespeichert.
  3. Telemonitoring: Ein chronisch kranker Patient übermittelt täglich seine Blutzuckerwerte über ein Messgerät an seine diabetologische Praxis. Die Datenübertragung ist gesichert, und die Rechtsgrundlage ist der Behandlungsvertrag in Verbindung mit einer expliziten Einwilligung des Patienten zum Telemonitoring.

Kurz-FAQ für schnelle Antworten

Frage: Ist Telemedizin sicher?
Antwort: Ja, wenn der Anbieter die gesetzlichen Datenschutzanforderungen erfüllt. Achten Sie auf Zertifikate, Verschlüsselung und einen Serverstandort in der EU.

Frage: Muss meine Videosprechstunde aufgezeichnet werden?
Antwort: Nein. Eine Aufzeichnung darf nur mit Ihrer ausdrücklichen und informierten Einwilligung erfolgen.

Frage: Was kann ich tun, wenn ich Bedenken bezüglich des Datenschutzes habe?
Antwort: Sprechen Sie zuerst mit Ihrer Arztpraxis. Sie können sich auch an den Datenschutzbeauftragten oder die zuständige Aufsichtsbehörde wenden.

Glossar wichtiger Begriffe

  • Art. 9 DSGVO: Artikel der Datenschutz-Grundverordnung, der die Verarbeitung besonderer Datenkategorien, wie Gesundheitsdaten, regelt und unter einen besonders strengen Schutz stellt.
  • Auftragsverarbeitung (AVV): Ein Vertrag zwischen dem Verantwortlichen (z.B. Arztpraxis) und einem Dienstleister (z.B. Software-Anbieter), der den datenschutzkonformen Umgang mit den Daten regelt.
  • DSFA/DPIA: Datenschutz-Folgenabschätzung (auf Englisch: Data Protection Impact Assessment). Eine Risikoanalyse, die bei Verarbeitungen mit hohem Risiko für Betroffene (wie in der Telemedizin) durchgeführt werden muss.
  • Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE): Eine Kommunikationsmethode, bei der nur die beteiligten Endpunkte (Sender und Empfänger) die Nachrichten entschlüsseln können.

Weiterführende Ressourcen und Ansprechpartner

Für weitere Informationen zum Thema Datenschutz können Sie sich an offizielle und fachkundige Stellen wenden:

  • Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI): Die oberste deutsche Bundesbehörde für den Datenschutz.
    https://www.bfdi.bund.de
  • Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V.: Eine Anlaufstelle für professionelle Datenschutzbeauftragte.
    https://www.bvdnet.de
  • Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V.: Eine gemeinnützige Vereinigung zur Förderung des Datenschutzes.
    https://www.gdd.de

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