Inhaltsverzeichnis
- Einführung: Was bedeutet Datenschutz in der Telemedizin?
- Warum Telemedizin besondere Schutzpflichten verlangt
- Rechtsgrundlagen kurz erklärt
- Welche Gesundheitsdaten sind besonders schutzwürdig?
- Technische Schutzmaßnahmen einfach erklärt
- 8-Punkte-Checkliste für Patientinnen bei der Anbieterwahl
- Praktische Schritt-für-Schritt-Anleitungen
- Aufbewahrung, Löschung und Dokumentation von Sitzungen
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen per Video: Datenschutzaspekte
- Häufige Fragen: Ihre Rechte als Patientin oder Patient
- Aktuelle Zahlen und Seriositätsindikatoren für 2025
- Offizielle Anlaufstellen und weiterführende Ressourcen
- Fazit: Datenschutz in der Telemedizin selbst in die Hand nehmen
Einführung: Was bedeutet Datenschutz in der Telemedizin?
Die Telemedizin hat sich von einer Nischenlösung zu einem festen Bestandteil der modernen Gesundheitsversorgung entwickelt. Videosprechstunden, digitale Rezepte oder Gesundheits-Apps bieten enorme Vorteile in Sachen Komfort und Zugänglichkeit. Doch wo sensible Gesundheitsinformationen digital übertragen und gespeichert werden, rückt ein Thema in den Mittelpunkt: der Datenschutz in der Telemedizin. Es geht darum sicherzustellen, dass Ihre persönlichsten Daten – Ihre Krankengeschichte, Diagnosen und Behandlungspläne – jederzeit vertraulich bleiben und vor unbefugtem Zugriff geschützt sind. Dieser Leitfaden soll Sie als Patientin oder Patient befähigen, informierte Entscheidungen zu treffen und Ihre Rechte souverän wahrzunehmen.
Warum Telemedizin besondere Schutzpflichten verlangt
Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ist das Fundament jeder Behandlung. Die ärztliche Schweigepflicht gilt im digitalen Raum genauso uneingeschränkt wie in der Praxis vor Ort. Telemedizinische Anwendungen verarbeiten jedoch Gesundheitsdaten, die zu den sensibelsten Informationen überhaupt gehören. Ein unzureichender Schutz kann gravierende Folgen haben, von der Offenlegung peinlicher Details bis hin zu Diskriminierung bei Versicherungen oder am Arbeitsplatz. Deshalb unterliegt der Datenschutz in der Telemedizin besonders strengen gesetzlichen Regelungen, die weit über die Anforderungen für herkömmliche Online-Dienste hinausgehen.
Rechtsgrundlagen kurz erklärt
Für Laien mag das Dickicht der Gesetze und Verordnungen unübersichtlich erscheinen. Im Kern sind jedoch zwei Regelwerke für Sie als Patientin oder Patient entscheidend.
Die DSGVO und Ihre Gesundheitsdaten
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), auf Englisch General Data Protection Regulation (GDPR), ist das zentrale Datenschutzgesetz in der Europäischen Union. Sie schützt die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Der entscheidende Punkt für die Telemedizin ist Artikel 9 DSGVO. Dieser Artikel stuft Gesundheitsdaten als „besondere Kategorien personenbezogener Daten“ ein und verbietet deren Verarbeitung grundsätzlich. Eine Ausnahme ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig, insbesondere wenn Sie als Patientin oder Patient ausdrücklich in die Verarbeitung für festgelegte Zwecke eingewilligt haben oder die Verarbeitung für die Gesundheitsvorsorge oder Behandlung erforderlich ist.
Weitere relevante Gesetze
Neben der DSGVO spielen nationale Gesetze eine Rolle. Das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) regelt beispielsweise Pflichten für Anbieter digitaler Dienste, wozu auch telemedizinische Plattformen gehören können. Es stellt sicher, dass Anbieter transparent agieren und grundlegende Sicherheitsstandards einhalten. Gesetze wie das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) schaffen zudem den Rahmen, damit digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) sicher in das Gesundheitssystem integriert werden können.
Welche Gesundheitsdaten sind besonders schutzwürdig?
Wenn wir von Gesundheitsdaten sprechen, ist die Bandbreite an Informationen gemeint, die direkt oder indirekt Rückschlüsse auf Ihre körperliche oder geistige Gesundheit zulassen. Dazu gehören unter anderem:
- Anamnesedaten: Ihre Krankengeschichte und die Ihrer Familie.
- Diagnosen: Festgestellte Erkrankungen, psychische Leiden oder Verletzungen.
- Behandlungsdaten: Informationen über Therapien, Operationen und Medikation.
- Verschreibungen: Elektronische Rezepte und verordnete Medikamente.
- Laborwerte und Befunde: Ergebnisse von Bluttests, Röntgenbildern oder anderen Untersuchungen.
- Genetische und biometrische Daten: Informationen, die eindeutig Ihnen zuzuordnen sind.
- Gesprächsprotokolle: Inhalte und Notizen aus der Videosprechstunde.
Der Schutz dieser Daten ist essenziell, um Ihre Privatsphäre und Ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren.
Technische Schutzmaßnahmen einfach erklärt
Guter Datenschutz ist ohne robuste Technik nicht denkbar. Seriöse Anbieter von Telemedizin-Lösungen setzen auf mehrere Sicherheitsebenen, um Ihre Daten zu schützen.
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
Stellen Sie sich die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) wie einen versiegelten Brief vor. Nur Sie und Ihr Arzt oder Ihre Ärztin haben den Schlüssel, um ihn zu öffnen. Selbst der Anbieter der Videoplattform kann die Inhalte der Kommunikation nicht einsehen. Für Videosprechstunden ist dies der absolute Mindeststandard.
Sicherer Serverstandort
Wo Ihre Daten gespeichert werden, ist von entscheidender Bedeutung. Nach den strengen Vorgaben der DSGVO sollten die Server eines Telemedizin-Anbieters idealerweise in Deutschland oder zumindest innerhalb der Europäischen Union (EU) bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) stehen. Dies stellt sicher, dass das hohe europäische Datenschutzniveau jederzeit gilt.
Starke Zugriffskontrollen
Es muss sichergestellt sein, dass nur berechtigte Personen auf Ihre Daten zugreifen können. Dazu gehören Maßnahmen wie die Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA), bei der Sie neben Ihrem Passwort einen zweiten Code (z. B. per App oder SMS) zur Anmeldung benötigen. Auch interne Zugriffsbeschränkungen beim Anbieter sorgen dafür, dass nur das behandelnde Personal Ihre Akte einsehen kann.
8-Punkte-Checkliste für Patientinnen bei der Anbieterwahl
Bevor Sie einen telemedizinischen Dienst nutzen, nehmen Sie sich einen Moment Zeit und prüfen Sie den Anbieter anhand dieser Checkliste. Seriöse Plattformen stellen diese Informationen transparent zur Verfügung.
- Verständliche Datenschutzerklärung: Ist die Erklärung leicht zu finden, klar formuliert und in deutscher Sprache verfügbar?
- Explizite Einwilligung: Werden Sie vor der Behandlung um eine klare und informierte Einwilligung zur Datenverarbeitung gebeten?
- Zertifizierte Sicherheit: Wirbt der Anbieter mit anerkannten Zertifikaten wie ISO 27001 oder einem TÜV-Siegel für Informationssicherheit?
- Garantierte Verschlüsselung: Wird eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für die Videokommunikation explizit zugesichert?
- Serverstandort EU/Deutschland: Gibt der Anbieter Auskunft über den Standort seiner Server?
- Datensparsamkeit: Werden nur die Daten abgefragt, die für die Behandlung wirklich notwendig sind?
- Klare Rechteaufklärung: Werden Sie über Ihre Rechte auf Auskunft, Berichtigung und Löschung informiert?
- Sichere Anmeldemethoden: Bietet die Plattform sichere Login-Verfahren wie die Zwei-Faktor-Authentifizierung an?
Praktische Schritt-für-Schritt-Anleitungen
Als Patientin oder Patient haben Sie selbst Kontrollmöglichkeiten, um den Schutz Ihrer Daten aktiv zu gestalten.
Einwilligungen (Consent) bewusst verwalten
Klicken Sie nicht blind auf „Akzeptieren“. Lesen Sie sich die Einwilligungserklärung durch. Achten Sie darauf, wofür Sie Ihre Zustimmung geben. Eine Einwilligung muss freiwillig sein und kann jederzeit widerrufen werden. Seien Sie besonders aufmerksam, wenn es um die Weitergabe von Daten an Dritte oder die Nutzung für Forschungszwecke geht.
Cookie-Einstellungen prüfen und anpassen
Auch Telemedizin-Webseiten nutzen Cookies. Wählen Sie im Cookie-Banner immer die Option, nur die technisch notwendigen Cookies zu akzeptieren. Marketing- oder Analyse-Cookies sind für die eigentliche Behandlung nicht erforderlich.
Gastmodus oder Pseudonyme nutzen
Manche Plattformen erlauben eine Nutzung als Gast oder unter einem Pseudonym, ohne ein dauerhaftes Konto anlegen zu müssen. Wenn diese Option verfügbar ist und für Ihre Behandlung ausreicht, kann sie Ihre Privatsphäre zusätzlich schützen.
Aufbewahrung, Löschung und Dokumentation von Sitzungen
Ärztliche Behandlungsunterlagen unterliegen gesetzlichen Aufbewahrungsfristen – in der Regel zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung. Das bedeutet, dass ein Anbieter Ihre Daten nicht sofort vollständig löschen kann, selbst wenn Sie ihn dazu auffordern. Ihr „Recht auf Löschung“ gilt erst nach Ablauf dieser Fristen. Eine Aufzeichnung von Videosprechstunden ist grundsätzlich verboten, es sei denn, Sie willigen ausdrücklich und für einen bestimmten Zweck ein. Dies sollte die absolute Ausnahme sein.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen: Datenschutzaspekte
Seit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) werden Ihre Arbeitsunfähigkeitsdaten direkt und verschlüsselt von der Arztpraxis an Ihre Krankenkasse übermittelt.
Als Patientin oder Patient können Sie auf Wunsch eine digitale oder papiergebundene Kopie für Ihre eigenen Unterlagen erhalten. Diese enthält in der Regel auch die Diagnose. Die für den Arbeitgeber bestimmte Ausfertigung ohne Diagnose wird hingegen direkt von der Krankenkasse elektronisch an den Arbeitgeber übermittelt.
Achten Sie darauf, dass eine eventuelle Zusendung Ihrer persönlichen Kopie nur über sichere Kommunikationswege erfolgt (z. B. ein geschütztes Patientenportal oder eine Ende-zu-Ende-verschlüsselte E-Mail). Eine unverschlüsselte Übertragung – etwa per einfachem Messenger oder Standard-E-Mail – ist aus Datenschutzsicht nicht zulässig.
Häufige Fragen: Ihre Rechte als Patientin oder Patient
Recht auf Auskunft (Art. 15 DSGVO)
Sie haben jederzeit das Recht, vom Anbieter Auskunft darüber zu verlangen, welche Daten über Sie gespeichert sind, woher diese stammen, an wen sie weitergegeben wurden und zu welchem Zweck sie verarbeitet werden.
Recht auf Widerruf der Einwilligung (Art. 7 DSGVO)
Eine einmal erteilte Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen für die Zukunft widerrufen. Der Anbieter darf Ihre Daten ab dem Zeitpunkt des Widerrufs nicht mehr für die Zwecke verarbeiten, für die die Einwilligung galt. Beachten Sie, dass die Rechtmäßigkeit der bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung davon unberührt bleibt.
Wie stelle ich eine Zugriffsanfrage?
Eine Anfrage auf Auskunft oder Widerruf sollte schriftlich (per E-Mail oder Brief) an den in der Datenschutzerklärung genannten Datenschutzbeauftragten des Anbieters gerichtet werden. Die Anfrage ist für Sie in der Regel kostenlos.
Aktuelle Zahlen und Seriositätsindikatoren
Die Akzeptanz der Telemedizin wächst stetig. Prognosen für 2025 zeigen, dass immer mehr Menschen digitale Gesundheitsangebote nutzen werden. Umso wichtiger ist es, seriöse von unseriösen Anbietern zu unterscheiden. Achten Sie auf folgende Indikatoren:
- Vollständiges Impressum: Ein in Deutschland tätiger Anbieter muss ein leicht auffindbares Impressum mit Adresse und Kontaktmöglichkeiten haben.
- Benannter Datenschutzbeauftragter: Die Kontaktdaten eines Datenschutzbeauftragten müssen in der Datenschutzerklärung genannt sein.
- Transparente Preismodelle: Bei kostenpflichtigen Diensten müssen die Kosten klar und verständlich aufgeschlüsselt sein.
- Fokus auf Kernleistung: Seriöse Anbieter konzentrieren sich auf die medizinische Dienstleistung, nicht auf den Verkauf von Zusatzprodukten oder Daten.
Offizielle Anlaufstellen und weiterführende Ressourcen
Wenn Sie Fragen haben oder den Verdacht eines Datenschutzverstoßes hegen, können Sie sich an unabhängige Stellen wenden. Diese bieten verlässliche Informationen und Unterstützung.
- Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI): Die oberste deutsche Aufsichtsbehörde für den Datenschutz und die erste Anlaufstelle bei Beschwerden.
- Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. (GDD): Eine gemeinnützige Vereinigung, die Expertise und Informationen rund um den Datenschutz bereitstellt.
- Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands e.V. (BvD): Ein Verband, der ebenfalls Fachinformationen zum Thema Datenschutz veröffentlicht.
Fazit: Datenschutz in der Telemedizin selbst in die Hand nehmen
Telemedizin ist eine wertvolle Ergänzung zur traditionellen Gesundheitsversorgung. Damit sie eine sichere Alternative bleibt, ist ein bewusster Umgang mit den eigenen Daten unerlässlich. Ein guter Datenschutz in der Telemedizin ist keine Hürde, sondern ein Qualitätsmerkmal, das Vertrauen schafft. Indem Sie als Patientin oder Patient kritisch nachfragen, Anbieter sorgfältig prüfen und Ihre Rechte kennen, tragen Sie aktiv dazu bei, dass Ihre sensibelsten Informationen geschützt bleiben. Nutzen Sie die digitalen Möglichkeiten der Medizin selbst bestimmt und sicher.